Geschichte des Karate und Kobudo

Da es kaum niedergeschriebenes Material über die Frühgeschichte des Karate und Kobudo gibt, wissen wir mit Sicherheit weder, wer es erfand und weiterentwickelte, noch woher es stammt oder wo es sich entwickelte. Seine früheste Geschichte kann nur von mündlich überlieferten Legenden abgeleitet werden, die meistens zum Ungenauen und Phantasievollen tendieren.

Leider besteht das Wissen über die Geschichte des Karate und Kobudo aus verschiedenen Quellen, die sich teilweise widersprechen. So ist die folgende Darstellung der geschichtlichen Entwicklung auch nur eine mögliche Sichtweise.

 

Der Ursprung der Künste

Schon seit Urzeiten besteht der Kampf ums Überleben und deshalb wurden Kampfkünste in vielen Teilen der Welt entwickelt, die von örtlichen Gegebenheiten und Bestimmungen beeinflusst wurden. Durch Handel, Kriege usw. fand ein kultureller Austausch der einzelnen Länder untereinander statt, der auch die Kampfkünste miteinander vermischte. Frühe Systeme wurden in Ägypten und Griechenland sowie in Indien, dem vermuteten Ursprungsland, praktiziert. Auch die vorherrschenden Kampfkünste in China wurden wahrscheinlich von Indien beeinflusst.

Die bekannteste Hypothese ist, dass der Mönch Boddhidharma, der 520 n. Chr. den Buddhismus nach China in das Kloster Shaolin gebracht hat, verschiedene Körperübungen und Atemtechniken zur Verbesserung des körperlichen Zustandes der Mönche entwickelte. Das Shaolin Kloster ist wohl eine der Schlüsselstätten, an der die Kampfkunst vorangetrieben wurde. Ich glaube, dass man die Entwicklung der Kampfkünste weder auf eine Person, noch auf einen Ort zurückführen kann.

Jedoch sticht als besonderer geographischer und kultureller Schnittpunkt von Entwicklungslinien hin zum Karate und teilweise zum Kobudo die Insel Okinawa hervor. Die Kultur auf Okinawa wurde in den verschiedenen Jahrhunderten unterschiedlich stark von China und Japan beeinflusst. Im 14. Jahrhundert war es China mit seiner Hochkultur, das die einheimischen Systeme Okinawas stark geprägt hatte. Durch den Einfluss einer Delegation von Chinesen, die ständig auf der Insel lebte und durch die Inselbewohner, die nach China reisten, wurde das "Tode" oder "Tang-te" (China Hand/Technik) später auch "Okinawa-Te" zu einer sehr effektiven, direkten, klaren und einfachen Technik weiterentwickelt. Wahrscheinlich spielten die äußeren Umstände, unter denen die Inselbewohner leben mussten, die wichtigste Rolle bei der Entwicklung der Kampfkunst. Zum einen standen die Okinawer anfangs unter dem Einfluss bzw. der Herrschaft der Chinesen und später unter dem japanischen Satsuma Clan, zum anderen gab es aus Angst vor Rebellion Waffen- und Kampfkunstverbote. Die herrschenden Japaner im 16. Jahrhundert waren besonders grausam, und so mussten die Okinawer mit einfachen Werkzeugen oder den bloßen Händen ihr Leben gegen die gut bewaffneten Samurais verteidigen. Aus dem Stab des Wanderers (Bo), dem Paddel des Fischers (Eku), der Hacke (Divers) oder Sichel (Kama) des Bauers sowie Nunchaku, Sai, Tonfa, Suruchin, Timbe usw. wurden tödliche Waffen, um sich gegen das Schwert behaupten zu können.

Die Effektivität und Funktionalität der Technik stand in dieser Zeit wohl im Vordergrund. Da es unter Androhung der Todesstrafe verboten war, Kampfkunst zu betreiben, konnte nur im Geheimen geübt werden. Dadurch kam es nur zu einem geringen Informationsaustausch, und schriftliche Aufzeichnungen wurden nur sehr wenige gemacht. Alle Prinzipien und Techniken waren in den Kata hinterlegt, die, teilweise durch Volkstänze getarnt, überliefert wurden. Es gab nur wenige Auserwählte die in die Geheimnisse eingeweiht wurden und so ging immer wieder Wissen verloren und viele Halbwahrheiten überlebten. Das System war sicherlich sehr praxisorientiert, da alles, was nicht funktionierte, wenig Überlebenschancen hatte.

 

Karate

Im Karate bildeten sich drei Grundrichtungen heraus, die nach den Städten benannt wurden aus denen sie kamen: Shuri-te, Tomari-te und Naha-te. Aus diesen Grundsystemen leiten sich die meisten Karate Stilrichtungen ab. Bei bekannten Meistern wie Sakugawa (1733-1815) und dessen Schüler Soken Matsumura (1792-1896) waren sicherlich die äußeren Umstände für die Kampfkunst schon besser als zuvor, jedoch wurde das Kampfkunstverbot erst 1905 aufgehoben. Bis dahin hatten sich schon verschiedene Stile (Ryu) gebildet.

Einer der Meister, der Karate aus dem Verborgenen in die Öffentlichkeit brachte, indem er es in Schulen und Hochschulen einführte, war Anko Itosu. Obwohl die Japaner immer sehr an den Kampfkünsten Okinawas interessiert waren, kam Karate erst ca. 1923 nach Japan. Gichin Funakoshi war wohl einer der wichtigsten Großmeister, die das System von Okinawa nach Japan exportierten.

Das Karate in Japan und auf Okinawa entwickelte sich dann unterschiedlich. In den 30er Jahren wurden in Japan, aufgrund der nationalistischen Einstellung, die damals dort vorherrschte, die Namen der Kata geändert, sowie das Schriftzeichen "China" in "Leer" (beides wurde "Kara" ausgesprochen) umgewandelt (1929). Auch das japanische Budo nahm nun großen Einfluss auf das Karate. Man sollte jedoch nie vergessen, dass die geistigen Hintergründe sowie die Lehr- und Übungsmethoden schon immer vom Hinduismus, Taoismus, Konfuzianismus, Shintoismus und Zen-Buddhismus geprägt waren und wurden. Für Kunst benötigt man immer Körper und Geist.
Um 1950 wurde das Bestreben verschiedener Organisationen immer deutlicher, die Kampfkunst in Richtung Sport zu bewegen.
1957 hat Jürgen Seydel das Karate nach Deutschland gebracht.

 

Kobudo

Die Entwicklung des Kobudo (kleines oder altes Budo)  lief wahrscheinlich immer parallel zu der des Karate. Ich denke, eine eindeutige Trennung ist in den Anfangszeiten des Kobudo nicht möglich. Das Selbstverteidigungssystem der Okinawer musste umfassend sein, um sich gegen Waffen behaupten zu können.

Erste Methoden wurden sicherlich um 1400 entwickelt, um sich mit alltäglichen Gebrauchsgegenständen gegen die Schwerter der Besatzer zur Wehr zu setzen. Mit der Invasion des Satsuma Clan aus Japan um 1600 nahm die Notwendigkeit der Selbstverteidigung stark zu. Dadurch wurde zu dieser Zeit das Kobudo mit den uns heute bekannten Waffen entwickelt.

Todi Sakugawa Kanga (1762 - 1843) gilt als einer der Urväter des Kobudo. Er und Shinshin Matajoshi sind die jeweiligen Begründer einer Stilrichtung.

Okinawa- oder auch japanisches Kobudo sind in Deutschland nicht sehr verbreitet. Es gibt nur sehr wenige Lehrer, die diese Kunst von Okinawa in die Welt getragen haben.

 

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